So lernen unsere Kinder heute (ganz häufig) schreiben:
In vielen Schulen ist es üblich, die Kinder zu Beginn der Grundschule Wörter so schreiben zu lassen, wie sie es hören.
Eltern wird verboten, auf falsche Schreibweisen hinzuweisen.
Das ist der größte Irrweg.
Warum das so ist, beschreibe ich in diesem Beitrag.
Welche Schreiben-Lern-Methode in welcher Schule?
Woher kommt es eigentlich, dass offenbar jeder Lehrer und natürlich auch jede Lehrerin andere Methoden anwenden?
Das kann ich noch ganz einfach erklären:
In unserem Land ist Bildung Ländersache.
Jedes Kultusministerium bestimmt einen Lehrplan.
Darin ist beschrieben, welche Kenntnisse ein Kind
am Ende eines Schuljahres haben soll.
So weit. So gut.
Was nicht drin steht:
Wie dieses Ziel erreicht werden soll.
Welche Methode eine Lehrerin verwendet … bleibt also ihr überlassen.
Mit oft fatalen Folgen.
Welche Schreiben-Lern-Methode wählt die Lehrerin nun aus?
Orientiert sie sich daran…
… wie sie selbst einmal unterrichtet wurde?
… wie ihre Kolleginnen es machen?
… wie es an der Schule üblich ist?
… wie es ein Kultusministerium empfiehlt?
… wie …
Ich muss das jetzt loswerden:
Ich kenne eine Lehrerin, die das „visuelle Lernen“ in
ihrer Klasse einsetzen wollte.
Womit sie dabei nicht gerechnet hat?
Mit dem Gegenwind der ihr von Kollegen und der Schulleitung her entgegen blies. Das war ein Orkan.
Klar, sie war gerade erst mit dem Studium fertig.
Erste Anstellung also.
„Ihr immer mit euern neuen Ideen! Wenn du erst mal
ein paar Jahre hier bist, dann weißt du, wie der Hase läuft“.
So der Kommentar eines Kollegen…
Eine andere Lehrerin hat es anders gemacht:
Sie hat das visuelle Lernen einfach eingesetzt.
Und dann eine Kollegin der gleichen Jahrgangsstufe zu einem Duell herausgefordert.
„Komm, wir schreiben mit unseren Klassen ein ungeübtes (!) Diktat. Ich wette mit dir, dass meine Klasse weniger Fehler macht!“
Antwort:
„In der dritten Klasse kann ich keine ungeübten Texte diktieren.
Das wird nichts!“
Was meinst du, wie das ausgegangen ist?
Aber zurück zum eigentlichen Thema:
Oft dürfen Kinder Wörter so schreiben, wie sie wollen. Damit sie den Spaß am Schreiben entdecken.
Meistens wird das den Eltern auf Elternabenden so erklärt.
Das sind Versuche, die das Ganze auf eine pädagogische Basis stellen sollen.
Eines fehlt dabei nie:
Eltern werden immer aufgefordert nicht einzugreifen.
"Sagen Sie ihrem Kind nicht, wenn etwas verkehrt geschrieben ist - das würde es nur verunsichern."
Ich höre immer wieder von Eltern, die das gar nicht gut finden.
Einfach weil sie nicht davon überzeugt sind.
Die finden aber in der Regel kein Gehör.
Schließlich muss die Lehrerin doch wissen, was sie dort verzapft.
Dr. Reichen hat in den 80er Jahren ein Konzept entwickelt, das oft als Basis für dieses Konzept herangezogen wird. Ich will dem Mann nichts unterstellen: Ich gehe davon aus, dass er das Beste für die Kinder im Sinn hatte. Aber gut gemeint ist ja nicht automatisch gut gemacht.
Es gibt leider auch einige Kultusministerien, die sich dieser Theorie angeschlossen haben. Andere haben in den letzten Jahren wieder Abstand davon genommen - aber leider nicht alle!
Auch hier gilt:
Eine Theorie wird nicht dadurch richtig,
weil sie nur offiziell genug verbreitet wird.
Ein Kollege hat es einmal so formuliert:
„Reichen sorgt dafür, dass meine Praxis immer schön voll ist…“
Das klingt zynisch – ist aber wahr.
Lass uns doch einmal einen kleinen Ausflug in das Erleben unserer Kinder machen:
Ich komme in die Schule.
Lerne Buchstaben kennen.
Verbinde diese Buchstaben mit den Lauten, die ich höre.
Und schreibe.
So, wie ich es höre.
Alles prima.
Ganz deutlich: Im Erleben der Kinder ist alles ok.
Die Lehrerin sagt nichts dagegen.
Die Eltern auch nicht.
Und diese beiden Stationen sind die wichtigsten.
Vielleicht sagt Oma mal hier oder da, dass da ein Wort anders geschrieben sein muss. Aber die wird mundtot gemacht.
Ergebnis für’s Kind: Alles ist gut.
Irgendwann – in der Regel im Laufe der dritten Klasse –
ändert sich die Situation.
Jetzt wird mir plötzlich erklärt, dass das ein oder andere Wort eben doch nicht richtig geschrieben ist.
Halllllooooo?
Wie bitte?
Das, was ich in den letzten beiden Jahren gemacht habe, war doch gut!
Und jetzt soll das plötzlich falsch sein?
Spinnen die?
Alle?
Mama, Papa… die Lehrerin auch?
Ausschnitt aus einer Sendung von 3sat
Das Schlimmste daran:
Ich habe mir doch bestimmte Wörter fest eingeprägt.
Das soll jetzt alles umsonst gewesen sein?
Fazit:
Das ist die beste Methode um auch normal gute Rechtschreiber komplett zu verwirren.
Da werden Zweifel zementiert.
Jetzt fängt nämlich eine ganz neue Lernphase an:
Ich muss anfangen, alles – aber auch wirklich alles – was ich bisher gelernt habe, in Frage zu stellen.
Manchmal leuchtet es mir sogar ein.
Aber manchmal eben auch nicht.
Hinzu kommt:
Über die Hälfte der Wörter der deutschen Sprache, werden anders geschrieben, als wir sie hören.
Da ist also reichlich Potential für Fehler vorhanden, oder?
Ein schönes Beispiel, was dabei herauskommen kann, fand ich
am Tor einer KFZ-Werkstatt:

Kannst du das lesen?
Das Schlimmste daran?
Alle Lernstrategien, die ich mir bisher zugelegt habe – funktionieren nicht mehr.
Das ist wie ein Neustart bei Null.
In der dritten Klasse.
An dieser Stelle muss ich aufpassen.
Ich merke, wie ich wütend werde.
Das macht Puls…
Kann das dann wahr sein?
Ich lasse Kinder in eine beliebige Richtig laufen.
Ich unterstütze sie dabei.
Gebe ihnen Bestätigung.
Tue alles, damit sie Spass dabei haben.
Das mache ich so lange, bis irgendwann der Punkt kommt, an dem ich das eigentliche Ziel verrate. In unserem Fall hier ist das Ziel die korrekte Schreibweise.
Das ganze Herumtollen und Spaß haben, war für die Katz.
Wie fühle ich mich als Kind in diesem Moment?
???
Haben die mich alle die ganze Zeit verar***t?
Geht’s noch?
Das macht Frust.
Mehr oder weniger viel.
Und glaub mir eines:
Das sauge ich mir hier nicht irgendwie aus den Fingern.
Das haben mir Kinder genau so erzählt.
Die haben nur leider kein Sprachrohr.
Sie werden nicht wahr genommen.
Sie werden nicht ernst genommen.
Jetzt frag dich einmal selber:
Bei anderen Dingen, würdest du dein Kind doch auch nicht in die Irre laufen lassen, oder?
Zum Schwimmen lernen ins Wasser werfen – und gucken was es macht?
Soll es beim Fahrrad fahren, die Verkehrsregeln selber rausfinden? Lässt du es erst mal zwei Jahre probieren – um dann zu sagen, das es am rechten Straßenrand fahren soll?
Siehst du – das macht kein Mensch.
Welches Fazit können wir ziehen:
Es ist totaler Unfug, Kinder so schreiben lernen zu lassen,
wie sie es hören.
Wenn das mit deinem Kind in der Schule gemacht werden soll…
dann wehre dich dagegen!
Wir müssen gemeinsam diesem Blödsinn ein Ende machen.